Was meinen wir eigentlich mit…

emanzipatorisch?
gewaltfrei?
herrschaftskritisch?
 


Die folgenden drei Texte sind der vorläufig gültige Zwischenstand vom 18.2.2010 einer fortlaufenden Diskussion aller Aktiven.


… emanzipatorisch?

Ziel emanzipatorischen Bestrebens ist ein Zugewinn an Freiheit und Gleichheit, durch Kritik und beständige Arbeit gegen Diskriminierung und Herrschaft. Sozusagen ein Entlassen in die Eigenständigkeit oder besser noch eine Selbstbefreiung.

Zusammenleben und -arbeit kann für uns nur auf der Basis völliger Freiwilligkeit existieren und wird von Individuen gemeinsam gestaltet. Auch unsere politische Arbeit soll auf dieser Basis geschehen - alle entscheiden für sich alleine und gemeinsam.

Grundpfeiler sind für uns hierbei die kontinuierliche (politische) Arbeit gegen Faschismus, Sexismus, Rassismus, Speziesismus, Nationalismus, Geschlechterrollen und Zweigeschlechtlichkeit / Heteronormativiät, Fremdbestimmung und -verwaltung, ökonomische Abhängigkeit sowie alle weiteren Unterdrückungsmechanismen.

Wir setzen uns ein für die Befreiung von Mensch & Tier.
 


… gewaltfrei?

Nandus Aktionen sind gewaltfrei - das heißt für uns, dass wir nach allen Möglichkeiten Sorge tragen, Leben, Gesundheit und auch Wohlbefinden fühlender Lebewesen bei unseren Aktionen nicht zu gefährden. Damit sieht Nandu sich in der Tradition gewaltfreien Widerstands gegen Ausbeutung und Unterdrückung.

Bei Nandu denken wir allerdings auch, dass "Gewaltfreiheit" ein ideologisch verwendeter Begriff ist, mit dem vor allem der gewaltausübende Staat und seine diskursbestimmenden Schichten versuchen, ihre politischen Gegner ins Abseits zu drängen. Wir halten es in unserer westeuropäischen Gesellschaft weder für legitim noch für zielführend in Richtung einer befreiteren Welt, Menschen oder anderen Tieren Gewalt anzutun. Das gilt insbesondere für einen Staat wie Deutschland, der Militär aus geostrategischem und wirtschaftlichem Interesse einsetzt und dabei den Tod von Menschen in Kauf nimmt [1], der Flüchtlinge gewaltsam in die Länder, aus denen sie geflohen sind, zurückzwingt, der mit seiner Weltwirtschaftspolitik zum sinnlosen Verhungern von täglich 100.000 Menschen beiträgt (einen Text dazu gibt es hier), und dessen Polizei regelmäßig mit massiver Gewalt gegen seine politischen Gegner vorgeht (regelmäßig zu sehen bei Gipfelprotesten oder aktuell bei österreichischen Tierrechtsaktivist_innen), um nur einige Beispiele zu nennen.

In anderen Regionen und zu anderen Zeiten kann es aber durchaus ein legitimes politisches Mittel sein, beispielsweise einen Diktator zu töten oder sich mit Heugabeln und Stöckern gegen die Vertreibung vom Land seiner Familie zu wehren.

Eine sinnvolle Definition des Gewaltbegriffs muss unserer Meinung nach also differenziert den Kontext betrachten. Beispielsweise halten wir die Zerstörung von Eigentum mindestens dann nicht für Gewalt, wenn dieses wie Käfige, Waffen oder Grenzzäune eindeutig der Herrschaftsausübung dient. Andersherum kann bereits Sprache und Kommunikation Gewalt ausüben, die sich zum Beispiel mit dem Konzept der Gewaltfreien Kommunikation abbauen lässt.

 


… herrschaftskritisch?

Herrschaft wird immer dann deutlich, wenn ein fühlendes Lebewesen in seiner Entwicklung oder seiner Selbstbestimmung eingeschränkt oder unterdrückt wird.

Herrschaftskritik bedeutet somit das kritische Hinterfragen von Unterdrückung und Fremdeinwirkung auf das Leben eines Individuums. Aufgrund der kritischen Betrachtung entsteht ein Bewusstsein für das Vorhandensein von Herrschaft in unserer menschlichen Gesellschaft: Herrschaft über andere Menschen und Herrschaft über andere fühlende Tiere. Daraus kann eine Ablehnung der herrschenden Zustände resultieren.

Nandu ist der Meinung, dass auf jeden Fall dort, wo die Herrschenden sich auch für Alternativen entscheiden können, Herrschaft abgebaut und beendet werden sollte. Konkret hat jedes fühlende Tier (und insbesondere jeder Mensch) ein Recht auf Entfaltung, Selbstbestimmung und persönliches Glück, ohne dass ihm von Menschen unserer Industriegesellschaft vorgeschrieben wird, wie diese Entfaltung und das Glück auszusehen haben.

 


  • [1]: ZEIT online schrieb am 16.5.2006 beispielsweise zum aktuellen Weißbuch der Bundeswehr (das ist eine Veröffentlichung des Bundesverteidigungsministeriums, welche die Aufgaben der Bundeswehr für die kommenden Jahre festlegt, inklusive der daraus abgeleiteten Prinzipien für Aufbau, Bewaffnung und Führung der Armee):

    '[Das Buch besagt zudem:]  "Die innenpolitischen Folgen unkontrollierter Migration als Folge von Flüchtlingsbewegungen" müssten vermieden sowie "Verwerfungen im internationalen Beziehungsgefüge, Störungen der Rohstoff- und Warenströme" verhindert werden; Deutschland sei, so stellt der Text fest, "aufgrund seines großen Außenhandelsvolumens und der damit verbundenen hohen Abhängigkeit von sicheren Transportwegen und -mitteln in globalem Maßstab verwundbar." […] aber die Grundmelodie wird sotto voce gesungen: Es gibt Interessen, die allen Deutschen eigen sind, und die im Rahmen des Rechts verfolgt werden sollen, nämlich "die europäische sowie transatlantische Sicherheit und Stabilität zu stärken, den Wohlstand des Landes durch einen freien und ungehinderten Welthandel zu ermöglichen, Krisen und Konflikte zu begrenzen, die Grundsätze der Demokratie, die internationale Geltung der Menschenrechte und des Völkerrechts zu befördern, sowie die Kluft zwischen armen und reichen Weltregionen zu überwinden" - was, wie gehofft werden darf, von den Autoren nicht als Rangfolge verstanden wurde.

    Und wie um noch einmal auf die politisch empfindliche Stelle draufzuhauen, fährt der Text wenig später fort: "Sicherheitspolitik muss auch auf geografisch entfernte Regionen zielen" - um dort Krisen abzuwenden und Stabilität zu unterstützen. "Hierbei gilt es wegen der Export- und Rohstoffabhängigkeit Deutschlands, sich insbesondere den Regionen, in denen kritische Rohstoffe und Energieträger gefördert werden, zuzuwenden." Spätestens an dieser Stelle müssten es alle verstanden haben, und wenn aus der SPD-Bundestagsfraktion der Wunsch laut wurde, diesen Gedanken wieder aus dem Weißbuch zu streichen, so kann man nur dazu raten, viele Stifte mitzubringen, denn er ist dem Text allenthalben eingearbeitet. Er drückt sich insbesondere in jenem Teil des Werks aus, das sich en detail mit der Marine befasst - kein Wunder.'



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